"Kinder und
Besoffene fallen geschickt" sagt eine Redewendung. Ich vermute
allerdings, dass sich in dem Moment, wo sich der Verstand alkoholbedingt
abschaltet, der tierische Ur-Instinkt einschaltet. Und so wie man als
Kind meist wieder nach Hause gefunden hat, klappt das als Betrunkener
auch recht gut (sofern einen nicht zwischendurch die Müdigkeit übermannt).
Silvester 97/98
verbrachte ich in Adersbach.
Der Neujahrsmorgen war schon ein paar Stunden alt. Backe, Bobe und ich
entschieden im "Penaka", dass es Zeit für den kontrollierten
Rückzug wird, ...na gut schnell noch ein Druckbier, dann geht es aber
heim.
Vor der Tür zwang uns die Erdrotation und der Sauerstoffschock erst mal
in die Knie. Bobe und ich entschieden uns einzuhaken - ein Tisch mit
vier Beinen fällt schließlich auch nicht um, er kippelt höchstens
leicht.
Insider werden wissen, dass sich irgendwann in der Nacht in Adr die
ohnehin spärlichen Straßenlampen abschalten. Wann weiß ich nicht, auf
meinem Heimweg waren diese bis jetzt immer aus. Nach wenigen Metern ist
man aus dem Lichtkegel der Kneipe raus und steht im Dunkeln.
Diese Winternacht war besonders stockfinster, Schnee lag keiner, es
waren so um die 0° C und alles wolkenverhangen. Backe: "Ich weiß
gar nicht was ihr habt, es ist doch taghell..." und verschwand im
Dunkeln. Er muss wohl noch was anderes getrunken haben...
"Easy Bobe, ich kenn das, wir gehen genau am Straßenrand, der eine
noch auf dem Asphalt - der andere schon auf dem Randschotter, so halten
wir uns immer am linken Fahrbahnrand, am ersten großen Baum müssen wir
links über den Damm des Schlossteichs, das mach ich immer so."
Ich lief links immer im Schotter, den Kopf nach oben um die Baumkrone
gegen den geringfügig helleren Himmel nicht zu verpassen. Bobe
eingehenkelt auf dem Asphalt.
(...Übrigens können auch vierbeinige Tische umkippen...)
"STOP
!"
Stehenbleiben.
Wer war das?
"Bobe, hat da jemand gerufen?"
"Ne, nischt gehört."
"BACKE?"
...Stille...
Langsam wurde mir bewusst, dass wir im Gras standen. Ich starrte in die
Dunkelheit:
"Komisch - aber hier war noch nie Gras, bist du immer auf Asphalt
gelaufen?"
"Nö"
"Na prima, also vorsichtig Rückwärtsgang." (Adersbach ist im
unbekannten Gelände immer gefährlich..)
Wenige Meter zurück erkannte ich über mir eine Baumkrone, probieren
wir es also mal vorsichtig links. Nach wenigen Metern konnten wir den
Lichtschein unserer Unterkunft ausmachen,
GERETTET!
Am nächsten Tag Vorortbegehung. Beim ersten Vorbeilaufen hatte ich den
bewussten Baum verpasst und da Bobe vom Asphalt abgekommen war, liefen
wir direkt auf den Teich zu. Zwischen Weg und Wasser gibt es einen
halben Meter Gras...
Nun ist der zwar nicht sehr tief, aber was passiert mit zwei Besoffenen,
die nachts gegen 5 Uhr eine dünne Eisschicht durchbrechen und einsam im
eiskalten Wasser liegen? Wir waren beide etwas blass um die Nase... Was
war aber nun mit dem "STOP !", Bobe hat es nicht gehört,
Backe war's nicht. Also mein Instinkt, oder hält jemand anderes die
Hand über uns?
Neuerdings steht
dort ein massives Eisengeländer..
Th.
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